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Ein Archivdokument vom 8. Mai 1945
Aus den letzten Monaten des Zweiten Weltkrieges sind Akten des Auswärtigen Amts nur in ganz geringem Umfang erhalten geblieben. Welche Abteilungen oder Referate damals und während der Schlacht um Berlin noch in den überwiegend beschädigten oder zerstörten Dienstgebäuden in Berlin arbeiteten, lässt sich wegen der fehlenden schriftlichen Überlieferung nicht zusammenhängend feststellen. Für die ausgelagerten Arbeitseinheiten, die im Januar 1945 aus dem Riesengebirge nach Thüringen und Sachsen-Anhalt verlegt worden waren, und für die Mitarbeiter der Rechtsabteilung in Liebenau nördlich des Bodensees war mit dem Einrücken der alliierten Streitkräfte im Laufe des Monats April 1945 der Krieg schon vor dem 8. Mai zu Ende.


Das Protokoll bildet eine Ausnahme. Zu seinen Aufgaben gehörte die Betreuung der wenigen in Berlin noch akkreditierten fremden Diplomaten aus neutralen und verbündeten Staaten. Nachdem Hitler auf mehrfaches Drängen des Protokollchefs am 13. April 1945 spät abends seine Zustimmung dazu erteilt hatte, wurden die letzten dieser Diplomaten am folgenden Tag nach Bad Gastein im Salzburger Land evakuiert. Am 1. Mai befanden sich dort die Missionschefs oder Geschäftsträger aus Afghanistan, Dänemark, dem Vatikan, dem Mussolini-treuen Italien, Japan, Kroatien, Mandschukuo, der Slowakei, Ungarn und Thailand. Der Arbeitsstab des Protokolls umfasste immerhin 46 Personen, die sich um über 300 fremde Diplomaten mit ihren Familien und dem Personal zu kümmern hatten.
Aus diesen Tagen sind deshalb einige Akten des Protokolls erhalten geblieben. Sie enthalten Listen, in welchen 13 Hotels und Pensionen die Diplomaten untergebracht waren, einzelne Wünsche der fremden Diplomaten und auch Ermahnungen, die Benutzung der eigenen Autos im Ort zu unterlassen, und eine Liste der Diplomaten, die zu einem Empfang erschienen, den der Protokollchef Freiherr von Dörnberg noch am 4. Mai 1945 gab.
Der Band RZ 619/119145 enthält auch eine mit dem Wissen um die stattgefundene Kapitulation entstandene Aufzeichnung, die der Gesandte Werner von Tippelskirch am 8. Mai 1945 über eine politische Unterhaltung mit dem japanischen Botschafter Oshima für den Chef des Protokolls anfertigte. Das eigentlich Bemerkenswerte darin ist aus heutiger Sicht, dass Tippelskirch offenbar meinte, dass der übliche Geschäftsgang weitergehen würde wie immer und dass die Information für den Protokollchef noch von politischer Bedeutung sein könnte.
Im Kern ging es im Gespräch um den aus japanischer Sicht erfolgten Bruch des Dreimächtepaktes durch die ohne Konsultation erfolgte deutsche Kapitulation und um die Folgen, die sich für die beiderseitigen Beziehungen daraus ergeben müssten. Den Blick in die Zukunft kennzeichneten Illusionen um die aktive politische Rolle, die beide Länder in der kommenden Zeit würden spielen können.
Am übernächsten Tag marschierten amerikanische Truppen in Bad Gastein ein.
*Anmerkung zur Seite 1: Domei war die amtliche japanische Nachrichtenagentur.