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Eine Diplomatenreise vor 120 Jahren - vom Rhein an den Euphrat und zurück
Die Reisegruppe Max von Oppenheims 1899 in Adana, Oppenheim sitzend in der Mitte, © Sammlung Oppenheim
19. Dezember 1899: Max von Oppenheim berichtet von der Entdeckung antiker Fundstätten in Syrien
Als Max Freiherr von Oppenheim seinen Vorgesetzten im Auswärtigen Amt eine „Orientierungsreise“ in das nördliche Zweistromland ankündigte, hat er seine wissenschaftlichen Ambitionen zwar nicht verschwiegen. Für das Auswärtige Amt war es aber gewiss wichtiger, dass die Reise zugleich der Exploration einer Trasse für die Bahn nach Bagdad dienen sollte und dass von Oppenheim sie selbst finanzierte.
Von Oppenheim war im deutschen Generalkonsulat in Kairo für die „Beobachtung der islamischen Welt“ zuständig. In dieser Funktion bereiste er alle Teile der Region, die man damals noch den „Orient“ nannte. Die Gegend, die der Baron aus Köln erkundete, liegt heute im Nordosten Syriens. Damals herrschte hier der Sultan in Konstantinopel. Dessen Macht war im türkischen Kernland und im europäischen Teil des Osmanischen Reichs solide. In Mesopotamien und Arabien lag sie dagegen nur leicht auf den wenigen, vielfach nomadisch lebenden Untertanen. Jedoch gingen die türkischen Anstrengungen, das Reich zu modernisieren und den Anschluss an Europa nicht zu verlieren, an den lokalen ökonomischen und sozialen Strukturen nicht spurlos vorbei. Im Zweistromland wurden Beduinenstämme angesiedelt, die agrarisch nutzbare Fläche stark vergrößert, hier und da erstes Öl gefördert. Telegraph und Eisenbahn öffneten den Europäern ein riesiges Gebiet in den osmanischen Outbacks. Die Dampfschifffahrt gliederte es in den erweiterten europäischen Wirtschaftsraum ein. Von den Veränderungen profitierten auch einheimische Eliten. Schon zeigten sich erste nationale Bewegungen, unterschiedliche Clans und deren Anführer machten eigene Herrschaftsansprüche gegenüber dem Sultan geltend.
Durch einen Hinweis eines solchen Clanführers – Ibrahim Pascha war das Oberhaupt eines großen beduinischen Stammesverbandes – war von Oppenheim auf einen Siedlungshügel aufmerksam geworden. Am 19. November 1899 besuchte er den Tell Halaf, nahe der Ortschaft Ras el-Ain. Nur ganz kurz sondierte er das Gelände: Was er fand, sollte sich als die Residenzstadt eines aramäischen Fürstentums mit Namen Guzana herausstellen.
Genau einen Monat nach seiner Entdeckung unterrichtete von Oppenheim eher beiläufig seine Berliner Vorgesetzten. So detailliert er seine Reiseroute durch die Wüstensteppe und zurück in die Kölner Glockengasse auch wiedergibt, bleibt sein Bericht doch merklich an der Oberfläche. Er schreibt, er habe eine große Anzahl von Ruinenstädten gefunden. Was er tatsächlich entdeckt hatte, sollte sein Leben von Grund auf verändern. 1910 gab er seine Stellung im Auswärtigen Dienst auf, kehrte nach Syrien zurück und grub hier eine 3000 Jahre alte Siedlung aus. Dass der Ort im Quellgebiet des Habur bereits im 7. Jahrtausend v. Chr. besiedelt war, belegten einzigartige Keramikscherben, die der Kultur ihren Namen ‒ Halaf-Kultur ‒ gaben. Nach der Fundteilung 1927 richtete von Oppenheim ein eigenes Museum in Berlin-Charlottenburg ein. In den 1930er-Jahren ein besonderer Anziehungspunkt unter den Berliner Museen, wurde die Sammlung nach ihrer Zerstörung lange vergessen. Jetzt befinden sich die aufwändig restaurierten Fundstücke als Dauerleihgabe der Max Freiherr von Oppenheim-Stiftung im Vorderasiatischen Museum in Berlin. Zuletzt wurde am Tell Halaf 2010 gegraben, heute liegt die Ausgrabungsstätte in einem umkämpften Kriegsgebiet an der türkisch-syrischen Grenze.
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Regest und Formalbeschreibung
Mersina, 1899 Dezember 19
Max von Oppenheim, Attaché des Generalkonsulats Kairo, berichtet an das Auswärtige Amt über seine Reise durch Mesopotamien (heute Syrien und Türkei)
Archivsignatur: PAAA RZ 201, R 14556.
Bericht, Ausfertigung, Folio, 2 Blatt, Vorder- und Rückseiten handschriftlich beschrieben, oben links Journalnummer „A 15360“ und Präsentatum „pr. 29. Dezember 1899“, darunter Zeitangabe „p[ost] m[eridiem]“ und die durchgestrichene Briefnummer „No. 81“, daneben Ort und Datum, oben rechts Paginierungsstempel, links neben dem Text Kommentar mit Bleistift, darunter in blau die Schlussverfügung „zdA“ sowie weitere Geschäftsgangsvermerke in blau und mit Bleistift, unten links mit Bleistift Aktenzeichen „Orient Gen[eralia] 9 No 1“ und daneben mittig ein Registraturvermerk.
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