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Freundschaftsspiele
Vor 90 Jahren reiste der „BFC Preussen“ für zwei Spiele nach Riga. Schon damals waren Sportereignisse Teil der auswärtigen Kulturpolitik, die erst wenige Jahre zuvor ihren Platz in der deutschen Außenpolitik gefunden hatte. Im Ausland waren Fußballspiele beliebt und die Presse berichtete darüber.
Im Süden Berlins, in der Lankwitzer Malteserstraße, spielt ein Traditionsverein Fußball. Die nicht mehr ganz taufrische Sportanlage heißt pompös Preussenstadion, die Currywurst kauft man in der Halbzeit beim Preussen-Imbiss. Die erste Mannschaft wird von Thomas „Icke“ Häßler trainiert, einem ehemaligen Europa- und Weltmeister, aber man spielt aktuell bloß in den Niederungen der Berliner Landesliga.
Der Berliner Fußballclub Preussen hat auch schon andere Zeiten gesehen. 1894 wurde er, so steht es in der wikipedia, von einer Handvoll Gymnasiasten gegründet. Bis zum Ersten Weltkrieg konnte fünfmal der Berliner Meistertitel gewonnen werden, zweimal war man zudem Vizemeister geworden. „Im März 1901 gelang dem BFC Preussen mit 8:3 über die Surrey Wanderers der erste Sieg einer deutschen Mannschaft über einen Club aus England.“
Das Fußballspiel kam aus England, auch in Berlin waren britische Geschäftsleute und Studenten an den ersten Vereinsgründungen beteiligt. Bis 1914 zogen Spiele gegen englische Mannschaften die Zuschauer besonders in den Bann. Solche Freundschaftsspiele waren nach dem Ersten Weltkrieg dann keine Selbstverständlichkeit mehr. Wenn es trotzdem zu Auslandsreisen von Sportvereinen kam, dann haben sie häufig Spuren in den Akten des Auswärtigen Amts, meist in denen der Auslandsvertretungen, hinterlassen.
Nur äußerst langsam gewöhnten sich die deutschen Diplomaten daran, dass auch dem Sport eine (außen)politische Funktion zukam. Solange ein Kaiser regierte, hatte sich Außenpolitik im kulturellen Sektor auf die Förderung der deutschen Schulen und Wissenschaftsinstitute im Ausland beschränkt. Einen eigenen Begriff für diese frühen Formen nach außen gerichteter Kulturpolitik gab es lange Zeit genauso wenig wie eine mit diesem Bereich befasste Abteilung im Auswärtigen Amt. Die auswärtige Kulturpolitik entstand erst während des Ersten Weltkriegs aus der Kulturpropaganda. Der Aufbau einer eigenen Kulturabteilung war dann Teil einer umfassenden Reform des Auswärtigen Amts nach dem verlorenen Krieg. Im Katalog ihrer Zuständigkeiten taucht der Sport in einem Geschäftsverteilungsplan vom 1. Oktober 1920 erstmals auf. Erst allmählich konnte der kulturelle Austausch mit anderen Staaten eine gewisse Autonomie gegenüber allgemeinen politischen Erwartungen erringen. Erst seit Mitte der 1920er Jahre (Verträge von Locarno) sind die Ansätze einer auf das Ideal der Völkerverständigung gerichteten Politik nicht mehr zu übersehen. Für die auswärtige Kulturpolitik verkleinerte sich aber bereits seit 1930 der Handlungsspielraum aus innenpolitischen und finanziellen Gründen, bevor sie seit 1933 zu einem Instrument der NS-Politik „gleichgeschaltet“ wurde.
Im Mai 1931 wandte sich der BFC Preußen an die deutsche Gesandtschaft in der lettischen Hauptstadt Riga und kündigte „eine Sportreise nach den Oststaaten an, um dort für das Deutschtum Propaganda zu machen und gleichzeitig die dort ansässigen Deutschen begrüssen zu können“. Die Beziehungen des Deutschen Reichs zu den baltischen Staaten waren denkbar schlecht. Die kleinen Nationen waren erst nach der russischen Oktoberrevolution und dem Frieden von Brest-Litowsk gegründet worden. In Berlin plante man abhängige staatliche Einheiten, da deren deutsche Minderheiten den wirtschaftlich dominierenden Bevölkerungsteil ausmachten. Die baltischen Staaten konnten sich dem entziehen, indem sie die Schwäche Deutschlands nach dem Krieg ausnutzten. Im Jargon des Auswärtigen Amts wurden sie als „Randstaaten“ oder sogar „Schandstaaten“ diffamiert. Die deutschen Minderheiten wurden mehr oder weniger deutlich bedrängt. Umgekehrt versuchte die deutsche Regierung diese Minderheiten gegen die Mehrheitsgesellschaften zu instrumentalisieren.
In diesem außenpolitischen Klima bat der BFC Preußen, dass „auch ein Herr der dortigen Vertret[ung] uns begrüßen würde“. Ob der Gesandte anwesend war, erschließt sich aus seiner Antwort nicht, immerhin verweist er darauf, dass die deutsche Mannschaft „verhältnismässig gut abgeschnitten“ habe. Die Berliner hatten 1:3 gewonnen, das eine Gegentor schossen sie gleich selbst. Das zweite Spiel endete unentschieden, 1:1.
In den lettischen Tageszeitungen waren die Freundschaftsspiele gegen den Rigaer FC und die Riga Wanderers für Schlagzeilen gut. Die deutschsprachige Rigaer Rundschau titelte „Preußen meistert den Meister“. Ein Zeitungsbild zeigt die Übergabe eines Pokals. In der in Riga erscheinenden Pehdeja Brihdi findet sich sogar ein Mannschaftsbild der Berliner.
Offenbar war der Frühsommer vor 90 Jahren an der Ostsee ein verregneter. Eine Zeitung schrieb, dass „der anhaltende Regen einen großen Teil des Publikums verscheucht hatte, so daß die Veranstalter … wohl kaum auf ihre Kosten gekommen sein dürften“. Die Berliner Gäste waren auf den durchnässten Platz offenbar unzureichend vorbereitet, spielten sie doch „mit zu kurzen Korken an den Stiefeln“ und lagen daher „mehr auf dem Boden“, als dass sie spielten. Nicht nur der Fußballsport, auch seine Kommentierung steckte noch in den Kinderschuhen. Eine umständlichere Schilderung eines Eigentors als die in der Rigaer Rundschau lässt sich jedenfalls kaum denken: „Der rechte Verteidiger spielte den Ball zum linken hinüber, der seinerseits wieder die Absicht hatte den Ball dem Torwart zuzuspielen, woraufhin [dieser] aus dem Tor herausgelaufen kam, um dem Verteidiger das Zuspiel zu erleichtern. Anstatt den Ball flach zu spielen, spielte der Verteidiger wohl auch infolge des glatten Bodens, den Ball hoch über den Kopf des Torwartes weg ins eigene Tor hinein.“ Heute würde man nur sagen: „Kacktor des Monats“.
Regest und Formalbeschreibung
Berlin, 1931 Mai 19
Der BFC Preußen kündigt der Deutschen Gesandtschaft in Riga eine Sportreise mit Stationen unter anderem in Riga und Reval an und schlägt eine Begrüßung der Sportler durch einen Vertreter der Gesandtschaft vor.
Archivsignatur: PAAA RAV 222-1/102
Zuschrift, behändigte Ausfertigung, Sonderformat 224x290mm, 1 Blatt, Vorderseite in Maschinenschrift beschrieben, Kopfbogen bestehend aus „B.F.C. ,Preußen‘ (e.V.)“ und weiteren Angaben nebst schematischer Darstellung der Flagge mit Adler (links) und darunter Bank- und Kontaktdaten, oben Mitte als Teil des Kopfes Datumsvordruck „Berlin-Tempelhof, den“ und darunter „Berliner Str., am Steuerhaus“, daneben Datum „19. Mai 1931“, darunter mit Bleistift datierte Paraphe „21/5 A“ (Eingangsvermerk?), darunter mittig Anrede „An die“ darunter und daneben gesperrt „Deutsche Gesandschaft“ darunter gesperrt und doppelt unterstrichen „Riga“, links neben der Anrede maschinenschriftliche Paraphen des Verfassers „Dr. St./B.“, links neben und unter dem Text mehrere (datierte) Paraphen mit Bleistift, Unterschrift blau gestempelt in Druckbuchstaben „B.F.C. ,Preußen‘ e. V.“, darauf mit Bleistift „Bach“, darunter mittig schwach lesbar mit Bleistift „Herrn [?Name nicht zu erkennen] eilig“.
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